Das innere Kind ist ein Begriff für tief verwurzelte Emotionen und Erlebnisse aus unserer Kindheit. Oft sind wir uns nicht bewusst, wie stark diese Erinnerungen unser heutiges Verhalten beeinflussen.
Kindheitserlebnisse und ihre Wirkung
Vom Tag deiner Geburt an erlebst du unterschiedlichste Ereignisse.
Du lernst sitzen, krabbeln, laufen, sprechen, malen, schreiben, rechnen, singen, schließt Freundschafen und Unzähliges mehr. Dabei erlebst du sowohl deine eigene Erfahrung, als auch, wie dein Umfeld darauf reagiert.
Manchmal wurdest du gelobt, manchmal geschimpft, manchmal ignoriert, kritisiert und vielleicht sogar ungerecht beurteilt. Viele von uns hörten Sätze wie: “Sei doch mal leise und hör auf mit dem Gesinge“, “Ich habe dir das schon 100 Mal erklärt, warum verstehst du das nicht?“ oder “So kannst du das nicht machen, was werden denn die anderen sagen?“ – so entstanden Überzeugungen über dich selbst.
Vielleicht hast du aufgehört zu singen, denn wenn du leise warst, wurdest du mehr gemocht oder du traust dir heute vieles nicht zu, weil du denkst, dass du nicht schlau genug bist – so ähnlich hast du es ja oft zu hören bekommen.
Die Summe all deiner Erlebnisse, Erinnerungen, Erfahrungen und Gefühle formte dich zu dem, der du heute bist.
Emotionale Trigger verstehen
Aufgrund der neuronalen Verbindungen, die sich im Laufe der Jahre in deinem Gehirn gebildet haben, kann es passieren, dass du in bestimmten Situationen immer noch auf “kindliche“ Weise reagierst.
Du kannst plötzlich frustriert, traurig oder wütend werden, dich zurückziehen oder dich angegriffen fühlen, ohne genau zu verstehen, warum du so reagierst. Auch wenn andere meinen, dass es objektiv betrachtet keinen Grund für deine Reaktion gibt, fühlst du dich schlecht.
Das sind die Momente, die dich unbewusst an Erfahrungen und Gefühle aus deiner Kindheit erinnern, in denen du dich nicht wohl gefühlt hast.
Im Laufe der Zeit hast du Schutzstrategien erschaffen, um mit dem Schmerz von damals klarzukommen. Eine Taktik, die du möglicherweise entwickelt hast, ist sofort aggressiv oder aufbrausend zu reagieren, um dich von deinem Innersten abzuschotten und den Schmerz nicht fühlen zu müssen.
Auch ein Rückzug oder und beleidigtes Reagieren, wenn eine Situation nicht nach deinen Vorstellungen verläuft, ist eine Strategie, um dich aus einer schwierigen Lage zu entziehen bzw. dieser nicht länger ausgesetzt zu sein.
Manche dieser antrainierten Strategien und Verhaltensweisen führen dazu, dass du dieselbe Kränkung oder dieselbe Enttäuschung immer wieder erlebst. Die beteiligten Personen ändern sich, aber der Schmerz wiederholt sich wieder und wieder.
Andere Verhaltensweisen können durch den Schmerz des inneren Kindes dazu führen, in einem permanenten Unglücklichsein gefangen zu sein oder sogar krank zu werden.
Was kann ich tun?
Um diese alten Wunden zu heilen, braucht es Aufmerksamkeit, Geduld und Mut.
Wenn dein inneres Kind wieder einmal beleidigt reagiert, weint, schreit oder wütet, ist das ein gutes Indiz, etwas genauer hinzuschauen. Erinnerst du dich an ein konkretes Erlebnis aus deiner Vergangenheit, so hast du einen perfekten Anhaltspunkt, um in die Heilung des inneren Kindes einzusteigen.
Hier ein einfacher Tipp, um schmerzhafte Erfahrungen zu entschlüsseln:
Erlaube dir, die damalige Situation aus deinem heutigen Erfahrungsreichtum heraus zu betrachten.
Was wollten deine Eltern bzw. die beteiligten Personen aus heutiger Sicht mit ihren Aussagen bezwecken? Gibt es möglicherweise eine andere Erklärung, als die, die du dir als Kind abgespeichert hast?
Ein Beispiel:
Ein Mädchen wünscht sich ein Fahrrad. Im Geschäft zeigt es den Eltern ganz genau, welches es sein soll, denn die Farbe ist so wunderschön und es soll einfach genau dieses sein. Zum Geburtstag erhält das Mädchen dann ein ganz anderes Fahrrad und es kann sich gar nicht richtig darüber freuen, weil sie den Eindruck hat, die Eltern nehmen ihre Wünsche nicht wahr und überhaupt hören sie einfach nicht richtig zu.
Aus der Sicht der Eltern könnte die Situation folgendermaßen ablaufen:
Unser Kind wünscht sich ein Fahrrad. Aber das, was sie uns gezeigt hat ist Billig-Ramsch, das wackelt jetzt und klappert schon wenn man es nur schiebt und wirkt total instabil. Unser Kind soll ein qualitativ hochwertiges Rad bekommen, mit dem es auch sicher unterwegs sein kann. Zwar hat es nicht die gewünschte Farbe, aber es ist dafür viel stabiler und hält auch etwas aus.
Je nachdem, ob und wie innerhalb einer Familie kommuniziert wird, gibt es unter Umständen aus der Kinderperspektive heraus nur die eine Möglichkeit der Schlussfolgerung: nämlich, dass die Eltern nicht richtig zuhören.
Aus Erwachsenen-Sicht gibt es aber gute Gründe, warum ein anderes Fahrrad angeschafft wird.
Indem du dir Situationen aus deiner Kindheit mit deinem heutigen Wissen und aus dem Blickwinkel eines Erwachsenen nochmals anschaust, kannst du diese womöglich anders bewerten. So können verletzende Situationen recht einfach in neutrale Situationen verwandelt werden.
Fazit
Das innere Kind ist der Teil von dir, der viele Erlebnisse aus einer kindlichen Perspektive bewertet und abgespeichert hat. Mit dem Erfahrungsschatz eines Erwachsenen würdest du viele Situationen ganz anders beurteilen. Nutze deine gewachsene Lebenserfahrung und betrachte deine vergangenen Erlebnisse aus einem neuen Blickwinkel.
Außerdem ist es wichtig sich vor Augen zu halten, dass auch Eltern und generell alle Menschen innere Kinder in sich tragen, die auf ihre eigenen Verletzungen reagieren.
Erwachsen zu sein bedeutet auch, dass du jetzt selbst dafür sorgst, dass es deinem inneren Kind gut geht.
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